Kraurose leitet sich vom griechischen „krauros“ = „trocken“, „geschrumpft“ ab und Lichen heißt soviel wie Flechte. Wir haben es also mit einer Hauterkrankung zu tun, die am Genital auftritt, aber doch ein wenig an Neurodermitis oder an Schuppenflechte erinnert. Wegen der Leitsymptome wie Juckreiz und ekzematöse Hautveränderung vergleichen manche Gynäkologen die Craurosis auch mit einer „Neurodermitis der Schleimhäute“, wobei die Scheidenhaut genaugenommen keine Schleimhaut ist. Neben dem zum Teil sehr heftigen Juckreiz imponieren vor allem das Brennen und die große Berührungsempfindlichkeit. Die Betroffenen berichten über Scheidentrockenheit, wobei von kleinen Rissen oder Kratzwunden hartnäckige Entzündungen ausgehen. Manche Craurosis-Patientin wird im Verlauf derart berührungsempfindlich, dass eine gynäkologische Untersuchung zum Horrortrip werden und zu heftigen Schmerzen führen kann.
Da die Ursachen weitgehend unbekannt sind, beschränken sich die meisten Gynäkologen auf die symptomatische Behandlung von Juckreiz und Entzündung. Häufig wird eine Lokalbehandlung mit Kortison angeboten. Außerdem sind in der Lokaltherapie Hormon-Salben üblich, wobei die aus männlichen Hormonen bei jungen Mädchen nicht angebracht ist, da es zu Klitorishypertrophie führt, und vor Östrogen-Salben sei vor allem bei Verhornungstendenz zu warnen, da diese die Atrophie eher fördern. Doch endgültige Heilung wird auf diesen Wegen selten erreicht. Vielversprechend sind dagegen Therapiekonzepte, die Homöopathie und Phytotherapie miteinander verknüpfen.
Doch bevor man medikamentös herangeht, sollten lokale Störfaktoren erkannt und beseitigt werden. Tampons wie auch Binden sind bei Craurosis Tabu, weil sie das Milieu verschlechtern: Tampons fördern die Verhornung der Scheidenhaut, und Binden verursachen mikrobenfreundliche Stauwärme. Empfehlenswert ist dagegen das Einlegen loser Baumwollwatte, die während der Menstruation je nach Bedarf so breit und hoch geschichtet werden kann, wie frau es eben braucht. Auch häufiges Waschen mit Seife oder Intimlotionen schädigt die zarte Scheidenhaut, so dass das Genital am besten nur einmal alle ein bis zwei Tage mit Wasser oder Kräutertee oder verdünnter Molke (z.B. 1–2 EL Molke in einer großen Tasse Ringelblumentee) gewaschen werden sollte. Wenn man nun noch die Synthetikunterwäsche aus dem Kleiderschrank verbannt, bestehen gute Aussichten auf Regeneration.
Definition
Bei der Craurosis vulvae, auch Vulvadystrophie oder Weißfleckenkrankheit genannt, handelt es sich um eine chronische Hauterkrankung der Übergangsschleimhäute im Genitalbereich. Zwar sind die Ursachen weitgehend unbekannt, dennoch wird die Kraurose auch als Endzustand chronischer Genitalerkrankungen wie etwa schlecht ausgeheilter Entzündungen gesehen und als fakultative Präkanzerose gewertet. Man unterscheidet zwischen:
a) hyperplastischer Vulvadystrophie: Diese Verlaufsform kommt eher bei Mädchen oder jungen Frauen vor und geht mit Verhornung der Scheidenhaut mit Plaques-Bildung (Leukoplakie) einher.
b) atrophischer Vulvadystrophie (Lichen sclerosus): Diese Verlaufsform kommt häufiger ab der Menopause vor, wobei die Haut eher pergamentartig beschaffen ist.
Bei beiden Verlaufsformen kann die Hautoberfläche rissig, entzündet und ekzematös sein. Vaginaler Juckreiz sowie Brennen, Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sind Begleiterscheinungen beider Verlaufsformen und führen evtl. zu Verwechslungen mit Scheidenpilz.
Veranstaltungen Frauenheilkunde
Anti-Aging mit Pflanzenöstrogenen
Als erste Alternative zu den östrogenhaltigen Salben seien Pflanzenhormone genannt, die kurmäßig eingenommen und/oder zur Lokalbehandlung gebraucht werden können. Hierfür kommen zum Beispiel Isoflavone aus Soja oder Rotklee in Frage oder Cimicifuga-Extrakte, die bei langfristiger Einnahme bzw. Anwendung gute Fern- wie auch Lokalwirkungen zeigen. Vor allem die Kleearten wie der einheimische Rotklee (Trifolium pratense) oder Weißklee (Trifolium repens) sind den Soja-Produkten in jedem Fall vorzuziehen, denn nicht umsonst sind unsere Wiesen voller Klee. Hier gilt nämlich die alte Regel der Heilkunst: Wo das Übel, da ist das Heilmittel (Ubi malum, ibi remedium). Die hormonelle Wirkung der Kleearten scheint in der Landwirtschaft schon lange bekannt zu sein, denn wer Milchvieh hat weiß, daß ein zu hoher Anteil an Weißklee im Futter die Kühe aufgrund des zu hohen Östrogengehalts unfruchtbar macht. In der ungarischen Volksmedizin gilt der Wiesenklee-Presssaft dagegen als Heilmittel gegen Sterilität – hier scheinen Dosis und Dauer der Anwendung über die Wirkung zu entscheiden. Jedenfalls lobt man die Rotkleeblüten in Kräuterläden bei Wechseljahrsbeschwerden, doch sie entfalten ihre beste Wirkung in Mischungen (siehe Rezeptkasten).
Rosenzäpfchen
Trifolium pratense Urtinktur (Spagyra)
Lamioflur (Heel) aa 10%ig
Cutis feti D4, 1 Ampulle (Wala)
Oleum Rosae verum q.s.
M. f. vag. supp. à 1 g, Nr. XXX
D.S.: Eine Woche lang abends ein Zäpfchen einführen, danach noch einige Wochen lang alle zwei bis drei Tage ein Zäpfchen einführen.
Zäpfchen kühl aufbewahren!
Die verjüngende Wirkung des östrogenhaltigen Rotklees wird auch längst in der Kosmetik genutzt. Bereits einige Wochen nach der Anwendung kosmetischer Salben mit Rotklee-Extrakt auf der Gesichtshaut sind deutlich weniger Falten vorhanden. Östrogene Wirkung wie auch der resultierende Anti-Aging-Effekt legen die Anwendung bei Craurosis nahe, denn diese tritt nicht nur, aber häufiger bei jungen Mädchen oder älteren Frauen mit eher niedrigem Östrogenspiegel auf. Der Rotklee brachte beispielsweise einer 65jährigen Patientin rasche Linderung ihrer Beschwerden, die auf eine beginnende Craurosis zurückzuführen waren. Die Patientin berichtete über zunehmende Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, die sich seit Ausbleiben der Menstruation über Monate hinweg verschlimmert hatten. Ihr Mann konnte nur noch ein bis zwei Zentimeter eindringen, dann wurde es schmerzhaft. Weil sich die Patientin bereits in der Menopause befand, wurde die Behandlung begonnen mit zweimal täglich einer Kapsel Menoflavon von Pascoe und lokal ergänzt durch Rosenzäpfchen (siehe Rezeptkasten). Schon nach drei bis vier Wochen war deutliche Besserung erreicht, und die Sexualität kann inzwischen wieder beschwerdefrei ausgelebt werden. Die Therapie wurde mit täglich einer Kapsel Menoflavon und Rosenzäpfchen bei Bedarf fortgeführt.
Aber nicht immer heilt die Craurosis so rasch und dauerhaft aus. Wie die Neurodermitis, so verläuft auch die Craurosis gerne schubweise, verschlimmert sich bei Stress und reagiert – wie andere Hautleiden auch – auf Ernährungsfehler. Wenn also nach einer vorübergehenden Besserung Brennen, Juckreiz oder Trockenheit wiederkehren, dann sollte man die Therapie trotzdem fortführen. Wie die Haut, so unterliegt auch die Scheidenhaut vier Wochen-Zyklen, so dass man bei diesem zur Chronifizierung neigenden Leiden am besten zwei bis drei Monate durchtherapiert, danach kann man bei erfolgter Besserung eine Erhaltungstherapie oder einen Wechsel erwägen.
Bei fortgeschrittenen Fällen sollte man die Behandlung unbedingt durch eine Schleimhautsanierung und Sitzbäder ergänzen. Interessant ist in diesem Zusammenhang folgender Fall: Eine 60jährige berichtete, dass ihre letzte Menstruation mit 45 Jahren erfolgte, und dass sie früher viel mit Scheidenpilz zu kämpfen hatte. Nach jahrelanger sexueller Abstinenz hatte sie wieder einen Partner und empfand ihre Scheide bei den ersten Malen „wie geschrumpft“. Ferner litt sie unter der typischen Scheidentrockenheit und Brennschmerzen beim Verkehr. Das vom Gynäkologen verordnete Cortison linderte nur ein wenig die Begleitentzündungen. Das alternative Therapiekonzept erwies sich nach einem vorübergehenden Rückfall als heilsam und ist auf die Dauer von bis zu einem Jahr angelegt:
- Kur mit Pflanzenhormonen: Menoflavon (Pascoe) zweimal täglich 1 Kapsel.
- Langfristige Schleimhautsanierung: Lamioflur (Heel; inzwischen außer Handels – wird aber von der Lindenapotheke als Apothekenrezeptur geführt) zweimal täglich 25 Tropfen im Mund zergehen lassen oder in etwas Wasser einnehmen.
- Regenerierende Sitzbäder: Frauenmantelkraut, Ringelblumenblüten, Rotkleeblüten, Sanikel, Spitzwegerichblätter, Taubnesselkraut und Wundklee zu gleichen Teilen mischen. Fünf gehäufte Esslöffel mit zwei Liter kochendem Wasser überbrühen, 15 bis 20 Minuten ziehen lassen, abseihen und zwei- bis dreimal wöchentlich, eventuell unter Zusatz von Lamioflur und/oder Bio-Molke, dem Sitzbad beimengen.
- Östrogenisierende und regenerierende Vaginalzäpfchen: Lamioflur (Heel; siehe Ersatzrezeptur durch die Lindenapotheke) und Klimadynon Lösung (Bionorica) zu gleichen Teilen 10%ig, Cutis feti D4, 1 Ampulle (Wala), Oleum aeth. Rosae verum q.s.; M. f. vag. supp. à 1g Nr. XXX. D.S.: 1 Zäpfchen abends einführen, mindestens vier Wochen lang; danach mit zweimal wöchentlich 1 Zäpfchen fortführen.
Hautfunktionstee
Erdrauchkraut 20 g
Frauenmantelkraut 50 g
Ringelblumenblüten 20 g
Rotkleeblüten 20 g
Stiefmütterchenkraut
50 g, Taubnesselblüten 20 g und
Tausendgüldenkraut 20 g mischen;
2 Teelöffel der Mischung mit 200 ml kochendem Wasser überbrühen, 8 bis 12 Minuten ziehen lassen, abseihen und am besten ungesüßt vor oder zwischen den Mahlzeiten trinken. Sechs bis acht Wochen lang täglich 1/2 bis 3/4 Liter, danach eventuell mit einer großen Tasse (ca. 250 ml) täglich noch einige Wochen lang fortfahren.
Die Lokalbehandlung mit Rosenzäpfchen zusammen mit der kurmäßigen Einnahme von Lamioflur kann allein schon vieles lösen, denn vor allem bei jüngeren Patientinnen ist meist noch keine Östrogen-Substitution nötig. So berichtete zum Beispiel eine Frau, die beide Mittel etwa ein Jahr lang konsequent angewendet hatte, überglücklich von ihrer Heilung. Sie war Anfang Dreißig, als ihre Craurosis ausbrach. Zehn Leidensjahre hatten sie sehr demoralisiert. Ihre Gynäkologen hatten ihr keinerlei Aussicht auf Besserung gegeben, und in den Kliniken ließ man zum Teil bis zu einem Dutzend Assistenzärzte an ihr vorbeidefilieren, die aus Studienzwecken einen Blick auf ihr entblößtes Genital werfen durften. Vielleicht können sich manche vorstellen, wie erniedrigend solche Situationen sein können, zumal das Thema Weiblichkeit bei Craurosis-Patientinnen ohnehin ein wunder Punkt ist. Interessant ist an diesem Fall auch noch die Tatsache, dass es sich wiederum um eine rotblonde und hellhäutige Patientin handelte. Eine Gynäkologin wies mich einmal darauf hin, dass dieser Typus häufiger betroffen ist, und in der Tat findet sich, dass alle „echten“ Craurosis-Fälle rotblond und/oder hellhäutig sind. Das Haut-Schleimhaut-Organ ist bei diesem Typus einfach der Schwachpunkt und sollte auch nach Abklingen der akuten Beschwerden gepflegt werden, zum Beispiel mit einem Hautfunktionstee und/oder mit Carotin-Gaben. Langfristig haben auch Schüssler-Salze (z.B. Calcium fluoratum = Fluorit) in Kombination mit Lamioflur einen guten vorbeugenden Effekt.
Firmenpräparat / Hauptindikation
- Calendula-Essenz (Wala): Bewährt zur Lokalbehandlung von Wunden und gereizter Scheidenhaut. 1 EL auf 1/4 Liter Wasser für Umschläge oder Waschung
- Dyskrasit Trituration D6 (Weleda: Antimonsilber): Indiziert bei chron.-entzündl. Prozessen am Übergang von Haut zu Schleimhaut
- Fluorit Trituration D6 oder D12 (Weleda: natürliches Calciumfluorid = Flußspat): Bewährtes Schüsslersalz bei Bindegewebsschwäche und Hautfunktionsstörungen. D6 eignet sich für „Dünnhäuter“ (Pergamenthaut) und D12 bei „Dickhäutern“ (Verhornung)
- Lamioflur Tropfen (Heel: Lamium alb. D4, Kreosot. D6, Geum urban. D5, Alumina D12, Laphat. D6, Platin. D12, Alchem. D3, Natr. carb. D6, Asterias D6, Hep. sulf. D4, Acid. nitr. D6, Hydrastis D4, Mezer. D4, Viola D4): Bewährtes Komplexmittel zur Reinigung der Schleimhäute sowie bei Neigung zu Ausfluss und Entzündungen der Scheidenhaut. Wichtiges Drainagemittel bei Ovarialzysten, ergänzt hier Hochpotenzen wie Apis oder Medorrhinum- Das Mittel ist inzwischen außer Handels, wird aber von der Linden-Apotzheke nachrezeptiert und sogar in Zäpfchen eingearbeitet.
- Menoflavon Kapseln (Pascoe: Isoflavone aus Rotklee): Heimischer Soja-Ersatz; zur milden Östrogensubstitution ab den Wechseljahren
- Oestrolut (Jura KG: Rheum ø, Cimicifuga D1, Lil. Tigr. D1, Agnus castus D1, Melissa D1): Schöne Östro-Gesta-Rezeptur, die sich zur sanften Östrogen-Substitution bewährt
- Rosmarinus/Prunus comp., Gelatum (Wala: Anus D4/D8, Prunus spin. Fruct., Conchae D8, Cutis D4/D8, Funiculus D4, Lavendulae, Rosmarini, Salviae, Stannum D8, Urtica urens D2): Bewährt zur regenerierenden Lokalbehandlung von chron.-entzündl. und dystrophen Veränderungen im Genital-Analbereich (z.B. Anal-Fissuren, Damm-Ekzem, vaginaler Juckreiz)
- Vulpur spag. Tropfen (Pekana: Arg. nitr. D4, Armoracia D4, Cinnamonum D2, Kreosot.D5, Thalpsi D1, Calend. ø, Millefol. ø, Salvia ø): Komplexmittel zur innerlichen und/oder äußerlichen Anwendung bei Entzündungen von Haut und Schleimhaut
- Zilly-Weihrauchcreme (Zilly; indischer Weihrauch): Bei chron. Reizung im Genitalbereich mit Juckreiz. Verbessert Gewebedurchblutung und Wundschluß, wirkt mild antibakteriell
Lieferadressen für Rosenzäpfchen
- Lindenapotheke (Roland Andre): Kellerstraße 38-40, 85276 Pfaffenhofen an der Ilm / 08441 76464 / www.lindenapo-paf.de Mail: info@lindenapo-paf.de
- Limes Apotheke (Annette Heerz): Uhlandstraße 18, 35415 Pohlheim / 06403 61595 / https://www.limes-apotheke.net Mail: info@limes-apotheke.net
DVDs zum Thema
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Vortrags-DVD von Margret Madejsky, ist auch Bestandteil des Komplettpaketes der Frauenheiltage 2016.
Buchtipp zum Thema
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Dieses Buch ist eine fundierte Einführung in die Arzneipflanzenkunde für Frauen. Es erklärt die interessanten hormonartigen Effekte von Heilpflanzen, porträtiert 120 Frauenkräuter und bietet über 200 bewährte Rezepte und viele Praxistipps. Es verbindet mehr als 25 Jahre frauenheilkundliche Praxiserfahrung mit den Erkenntnissen der heutigen Pflanzenforschung. Ein wertvolles Handbuch für Therapeutinnen wie auch ein unverzichtbares praktisches Nachschlagewerk für Betroffene und für naturheilkundlich interessierte Frauen jeden Alters.