Ursachen der Krankheiten und die Wege zur Heilung – die Entienlehre des Paracelsus von Olaf Rippe

“Es bedarf in der Medizin jenes Menschlichen (…) wie es bei Paracelsus vorhanden war” (Rudolf Steiner)

Zu den wichtigsten Schriften des Paracelsus (1493 – 1541) gehört das “Buch Paramirum” über die “Fünf Entien” oder die fünf Ursachen jeder Krankheit.

“Merket wohl, es gibt fünf Entia, die alle Krankheiten schaffen und verursachen. So wisset denn, dass es fünferlei Pestilenz gibt, nicht mit Bezug auf ihre Natur, ihr Wesen, ihre Form oder Gestalt, sondern bezüglich ihrer Entstehung, mögen sie sich auch später in jeder beliebigen Weise äußern. Es gibt so fünf Arten jeder Krankheit” (Paracelsus).

Die Kenntnis der Krankheitsursachen ist die Voraussetzung für eine sinnvolle Diagnostik und Therapie. Wenn wir dies mit einer Pfeilwunde vergleichen, dann ist die Diagnose die Kenntnis von dem Geschehen, das der Pfeil im Körper verursacht, die Therapie wäre das Entfernen des Pfeils und die Wundversorgung. Aber wer hat den Pfeil geschossen und warum? Laut Paracelsus gibt es fünf mögliche Antworten, die ein Therapeut gleichermaßen berücksichtigen sollte, denn sie geben ihm die entscheidenden Hinweise für die richtige Therapie. Er schrieb: “Ich muss besonders darauf aufmerksam machen, dass nicht die Krankheiten so behandelt werden müssen, als stammten sie aus einer Quelle, sondern man hat je nach den fünf Entien ein verschiedenes Verfahren anzuwenden. Denn kein Ens nimmt das Heilmittel eines anderen an. Der Arzt aber, der das nicht versteht, ist blind”. Es gibt somit nicht nur fünf Ursachen jeder Krankheit, sondern auch fünf unterschiedliche Heilwege zu deren Behandlung.

Was ist ein Ens?

Ein Ens ist das Wesen, die Idee, das Sein von Etwas. Es geht Paracelsus also um die Darstellung der Idee oder des Wesens der Krankheiten und nicht um ein spezifisches Medizinsystem, dem er alles unterordnet. “Es (das Ens) ist ein Ursprung oder Ding, das die unbeschränkte Macht über den Leib besitzt. Sie verderben den Leib und verursachen die Erkrankungen. Nicht der entartete Saft ist die Ursache der Krankheit, sondern die Ursache, die zur Erkrankung führt” (Paracelsus).

Paracelsus unterteilt die fünf Entien in zwei Gruppen. Die erste umfasst drei Ursachen von Krankheiten, die auf den Leib wirken:

  • Ens Astrale – über die Kraft und das Wesen der Gestirne und ihre Gewalt über den Leib (Umweltfaktoren).
  • Ens Veneni – über die Wirkung von Giftstoffen (Ernährung und die Funktion der Ausscheidungsorgane).
  • Ens Naturale – wenn unser eigener Leib uns krank macht durch seine Verwirrung und dadurch, dass er sich selbst schädigt (Konstitution, Diathese, Disposition).

Die zweite Gruppe umfasst zwei Entien, die auf den Geist wirken:

  • Ens Spirituale – über die Geister, die unseren Leib krank machen (Psychosomatik und Psychologie).
  • Ens Dei – über das Wirken Gottes (Schicksal und Karma).

Das Ens Astrale

Niemand kann bestreiten, dass der Mensch mit der Geburt eine im Kosmos eingebettete Welt betritt, mit vielen angenehmen, manchmal aber auch unangenehmen Eigenschaften. Paracelsus geht nur einen Schritt weiter, wenn er sagt, “dass Firmament und Sterne solcher Art sind, dass die Menschen und alle empfindlichen Geschöpfe ohne sie nicht sein können.”

Das Astrale als Lebensessenz
Die Gestirne bilden die uns bekannte Welt mit ihren physikalischen Eigenschaften und sie bilden die Essenz, die wir zum Leben brauchen. “Das Ens Astrale sollt ihr in dem Sinne verstehen: Es ist etwas Unsichtbares, das uns und alle empfindsamen Lebewesen am Leben erhält.” Die Chinesen nennen dies Unsichtbare Chi, die Inder Prana, die Griechen nannten es Pneuma, Wilhelm Reich Orgon und Freiherr von Reichenbach Od. Paracelsus nannte es “Meteoron”, von dem er sagt, dass es das Höchste in der ganzen Schöpfung darstellt. Dieses Meteoron beseelt unsere Umwelt und es ist verantwortlich für alle klimatischen, geographischen und geologischen Gegebenheiten. Daraus leitet sich unter anderem die Idee der Feldphänomene ab, die besonders Radiästheten interessiert. Auch die Ergebnisse der bioklimatischen Forschung nach Curry, der systematisch die Beziehung von Wetterlagen und innerer Befindlichkeit des Menschen untersuchte, sind hier einzuordnen.

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Krankheit aus Sympathie mit dem Gestirn
Das Meteoron, das zunächst wertfrei zu beurteilen ist, kann sich unter bestimmten Umständen verändern und als Gift auf uns Menschen wirken, also z.B. geopathische Zonen erzeugen, deren Strahlung bei längerem Aufenthalt vor allem das Immunsystem schädigt.

In dem Zusammenhang ist es interessant, dass Pflanzen und Tiere, die sich auf geopathischen Zonen besonders wohlfühlen, günstig auf unser Immunsystem wirken, z.B. Efeu, Eiche, Mistel, Wasserdost oder die Rote Waldameise.

Eine weitere Folge des Ens Astrale sind Krankheiten durch verschiedene Wetterlagen wie Föhnkopfschmerz, Allergien, oder Rheuma. Auch die “Pestilenz” lässt sich so erklären, die meistens bestimmte klimatische Bedingungen bevorzugt; unter Pestilenz verstand man zu Zeiten des Paracelsus ansteckende Krankheiten.

Die Vergiftung des Meteorons geschieht durch die Gestirne, die es einst gebildet haben. “Diejenigen Gestirne, welche vergiftet sind, verunreinigen die Luft mit ihrem Gift. Wohin nun diese gelangt, dort entstehen Krankheiten, entsprechend den Eigenschaften des betreffenden Sternes. Das Ens Astrale ist der Geruch, Dunst oder Schweiß der Sterne mit Luft gemischt.” Wie Paracelsus beschreibt, hat ein Gestirn einen solchen Einfluss beispielsweise in der “Exaltation”, d.h. ein Planet steht in einem Sternzeichen, das seiner Natur entspricht, z.B. Mars im Zeichen Widder. Aber auch andere Konstellationen können dafür verantwortlich sein, vor allem die Stellung des Saturns. Um dieses Ens in seiner Gesamtheit zu begreifen, braucht es also einige astrologische Kenntnisse, aber ohnehin war Paracelsus der Ansicht, dass der Heiler ohne die Kunst der Astrologie weitgehend hilflos ist. Allerdings ist wichtig zu wissen, dass uns nicht das Gestirn krank macht, sondern das vergiftete Metoron, in dem wir leben müssen. Paracelsus war nie der Meinung, dass die Gestirne einen direkten Einfluss auf den Menschen haben. Sein Leitsatz lautete: Die Sterne machen allenfalls
geneigt, keineswegs zwingen sie den Menschen. “Die Sterne beherrschen nichts in uns und können in uns keinerlei Eigenschaften hervorbringen, noch uns beeinflussen. Sie sind frei für sich und wir sind frei für uns. Doch merket, dass wir nicht ohne das Gestirn leben können, denn Kälte und Wärme und das Digest (Qualität) der Dinge, die wir essen und verwenden (damit auch alle Heilmittel), kommt von ihnen. Doch nicht der Mensch.”

Nach seiner Auffassung ist der Mensch ein Spiegelbild des Kosmos, das nach den gleichen Gesetzen funktioniert und genauso aufgebaut ist. Warum manche Menschen am Ens Astrale erkranken, liegt an ihrer individuellen Beschaffenheit, die sie für den “Schweiß der Sterne” empfänglich macht. Diese Beschaffenheit kann der Therapeut am besten dem Geburtshoroskop entnehmen. Der Mensch erkrankt zum Beispiel, wenn im Leben eine ähnliche Konstellation am Himmel auftritt wie zum Zeitpunkt der Geburt (Beachtung der Transite als Auslöser). Der Mensch leidet also aus Sympathie mit dem Gestirn, weil sein Zustand dem des vergifteten Meteorons ähnlich ist. Daraus ergibt sich automatisch eine Erklärung, warum Menschen immun gegen bestimmte Krankheiten sind, eben weil ihre Beschaffenheit antipathisch zum herrschenden Meteoron ist, also keine Beziehung zwischen Geburts- und Transithoroskop besteht.

Wie man das Ens Astrale beeinflussen kann
Jeder Therapeut kennt zudem das Problem, dass eine gut gewählte Therapie nicht anschlägt. Dies liegt daran, “dass die Arznei den verfälschten Dünsten der Oberen widersteht.” Der Heiler darf nicht glauben, “eine durch die Sterne bewirkte Krankheit heilen zu können, wenn gerade dieser Stern regiert.” Und dennoch braucht man als Therapeut in einem solchen Fall nicht verzweifeln. Durch Räucherungen ist es beispielsweise möglich, das Meteoron in seiner Eigenart zu verändern. Paracelsus nutzte hierzu unter anderem eine Mischung aus Baldrian, Galbanum, Myrrhe und Safran, die allgemein vor Ansteckung schützt. Auch Wacholder, der schon in der Antike zum Ausräuchern von Kranken- und Sterbezimmern diente, schätzte er sehr. Im gleichen Sinne kann man eine Räuchermischung aus Engelwurz, Rosmarin, Salbei, Wacholder und Wermut verwenden. Auch eine unspezifische Anregung der Abwehrkräfte (z.B Pascotox Tropfen), oder eine Reiz- und Umstimmungstherapie mit Eigenblut, sollte man in Erwägung ziehen. Die Schulmedizin würde zu einer Impfung raten. Hier könnte man evtl. auch eine Resistenzsteigerung mit Nosoden bedenken. Auch an Lebenselixiere sollte man denken, da sie einen gefeit gegenüber Krankheiten machen.

Das Ens Veneni

Beim Ens Veneni liegt die Ursache von Krankheiten in der Wirkung von Giften, zu denen auch alle Nahrungsmittel gehören. “Der Leib ist uns ohne Gift gegeben, und in ihm ist kein Gift. Doch das, was wir dem Leib zur Nahrung geben müssen, darin ist Gift.” Dieses Gift kann potentiell alle Krankheiten verursachen. In der Nahrung ist aber auch die notwendige Essenz enthalten, die wir zum Leben brauchen. Jede Nahrung ist also Essenz und Gift in einem. Sollen wir nun ewig fasten, um diesem Dilemma zu entgehen? Dies wäre nicht im Sinne eines Paracelsus, der bekanntlich kein Kostverächter war.

Der Alchimist im Bauche
“Doch für das Unvollkommene, das wir zu unserem Schaden gebrauchen müssen, hat er (Gott) uns einen Alchimisten gegeben, damit wir das Gift, das wir mit dem Guten einnehmen, nicht als Gift verzehren, sondern von dem Guten scheiden können.” Dieser Alchimist trennt das Feine vom Groben, so wie sich das Ätherische vom Stofflichen bei der Destillation trennt. “Das Gift steckt er in einen Sack und das Gute gibt er dem Leib. Dieser Alchimist hat im Bauche seinen Sitz, der sein Instrument ist, worin er kocht und arbeitet.” Gemeint ist vor allem die Leber, aber auch alle weiteren Entgiftungs- und Ausscheidungsorgane. Solange sie ihre Funktionen ausführen, kann der Mensch nicht am Ens Veneni erkranken. Aber wehe, wenn dem nicht so ist!

Die Dyskrasie – Mutter aller Krankheiten
“Wenn der Alchimist krank ist, dass er das Gift nicht mit vollkommener Kunst vom Guten zu scheiden vermag, dann geht Giftiges und Gutes gemeinsam in Verwesung über und dann entsteht eine Digestio (Dyskrasie = Säfteentartung). Das ist dann die Mutter aller Krankheiten.” Die Möglichkeiten, durch die der innere Alchimist erkranken kann, sind vielfältig; hierzu drei Beispiele:

  1. Einseitige und falsche Ernährung: Paracelsus war einer der ersten, der erkannte, daß eine Diät bei Stoffwechselerkrankungen wie Gicht oder Diabetes helfen kann und auch konkrete Ernährungsvorschläge machte.
  2. Altersschwäche: Die meisten Geriatrika regen auch den Stoffwechsel an und helfen bei chronischen Darmleiden und mangelnder Entgiftung wie Engelwurz, Galgant, Ingwer oder Kalmus.
  3. Die “Verstopfung” und die Unterdrückung körpereigener Entgiftungsmechanismen; diese führt zur weiteren Schwäche des Alchimisten, ein Teufelskreis, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt.

Die Entgiftung – Mutter aller Therapien
“Wenn die Natur irgendwo im Körper einen Schmerz erzeugt, so will sie dort schädliche Stoffe anhäufen und ausleeren.” Eine Therapie muss die Krankheit immer von den edlen (inneren) Organen zu den unedlen (Haut, Schleimhaut) treiben, alles andere hat fatale Folgen. Um eine Krankheit des Ens Veneni zu behandeln braucht man also weder eine Wünschelrute, noch ein Horoskop wie vielleicht beim Ens Astrale, sondern eine Entgiftung, die wichtigste Therapiemethode überhaupt. Die meisten Mittel mit Wirkung auf den inneren Alchimisten sind sulfurischer Natur, d.h. sie schmecken scharf, bitter oder senfig, sind gelb gefärbt (Blüte und Säfte) oder sie haben Stacheln und Dornen; Beispiele wären: Berberitze, Brennessel, Brunnenkresse, Gelber Enzian, Gelbwurz, Goldrute, Knoblauch, Löwenzahn, Mariendistel, Meisterwurz, Schlehe, Schöllkraut, Wermut, Zitrone.

“So ist jeder Sulfur ein unsichtbares Feuer, das auch die Krankheit verzehrt. Daher ist das Element Feuer bei allen Krankheiten ein großes Arkanum (wahrhaftiges Heilmittel).” Sulfurische Mittel verzehren aber nicht nur die Krankheit, sie regen auch den Lebensfunken an und sie unterstützen die körpereigenen Entgiftungsvorgänge. Ferner eignen sich zur Entgiftung alle Ausleitungsverfahren nach Dr. Aschner sowie alle harn-, schweiß- und galletreibenden oder menstruationsfördernden Mittel. Aber damit nicht genug, muß man den Alchimisten selber heilen, z.B. durch Leberaufbaupräparate, Regeneration der Entgiftungsorgane oder eine Symbioselenkung des Darms und nicht zuletzt durch eine gesunde Lebensführung, womit aber keine Möhrchenkur auf Lebenszeit gemeint ist.

Das Ens Naturale

Dieses Ens bezieht sich auf den Menschen als Mikrokosmos sowie auf die Elemente, Temperamente und Körpersäfte. Einerseits geht Paracelsus damit auf die Bedeutung der Konstitution und die daraus resultierenden Dispositionen ein, anderseits bezieht er sich auch auf die antike Humorallehre (Humores = Säfte). Um das Ens Naturale zu verstehen, ist nochmals ein Ausflug in die Vorstellungen der Astrologie notwendig, da die Gestirne maßgeblich an der Entstehung von Erkrankungen aus dem Ens Naturale beteiligt sind.

Der Mensch als Mikrokosmos
Wie vorher schon beschrieben, ist der Mensch ein Mikrokosmos, der, analog zum Makrokosmos, aus den vier Elementen, zwölf Sternzeichen und Planeten aufgebaut ist. Jedes Organ korrespondiert dabei mit einem der Planeten: “Das Herz ist die Sonne, und wie die Sonne auf die Erde und sich selber wirkt, also wirkt auch das Herz auf den Leib und sich selbst. Ebenso ist der Mond dem Gehirn vergleichbar. Die Milz hat den gleichen Lauf wie Saturn. Die Galle entspricht dem Mars. Die Nieren haben die Art der Venus. Der Merkurius ist ein Planet, der der Lunge gleicht und der Jupiter gleicht der Leber. Ihr sollt wissen, wenn die Leber nicht da wäre, da gäbe es nicht Gutes im ganzen Leibe (= innerer Alchimist). Gleich Jupiter wirkt sie und mildert wie er durch ihre Güte alles Ungestüm”.

Die sieben Planetenorgane werden von Paracelsus jeweils als Entität begriffen. Sie sind die “edlen” Organe die den Gesamtorganismus mit Energie versorgen. “Diese Sieben geben allen anderen Organen das Leben”. Jedes Organ steht dabei in einer spezifischen Beziehung zum Gesamtorganismus: “Das Herz sendet seinen Geist durch den ganzen Leib, wie die Sonne durch alle Gestirne und Erden. Das Gehirn geht allein zum Herzen und vom Herzen wieder zurück zu seinem Zentrum in geistiger Form. Der geistige Lauf der Leber vollzieht sich nur im Blute. Die Milz hat ihre Bahn an der Seite und in den Gedärmen, die Nieren haben ihren Lauf durch die Harnwege und Lenden. Der Umlauf der Lungen vollzieht sich in Brust und Kehle. Die Galle nimmt ihren Lauf durch Magen und Eingeweide. Wenn sie sich irren und in eine falsche Bahn geraten, etwa die Bahn der Milz in die Bahn der Galle, entstehen Krankheiten.”

Krankheit und Heilmittel als Analogie zum Kosmos
Kommuniziert das Gehirn (Mond) in falscher Weise mit dem Herzen (Sonne), entstehen beispielsweise Herzrhythmusstörungen oder Schlafprobleme. Trifft die Galle (Mars) auf das Herz (Sonne), ergeben sich Blutdruckleiden oder Herzkrämpfe. Gerät die Galle (Mars) in die Bahn des Gehirns (Mond), entsteht Migräne, usw.. Aus dem Horoskop kann man weitere Hinweise auf die Beschaffenheit und die Krankheitsbereitschaft der Organe erhalten, also die Konstitution und Disposition des Patienten erkennen.

So wie die Organe den Planeten unterstehen, gilt dies auch für alle Heilmittel. Als reine Verkörperung der Planeten gelten die sieben Planetenmetalle, die jeweils einem Organ zugeordnet sind. “Metalle haben eine große Übereinstimmung mit dem menschlichen Körper. Denn Kräfte, die im Metall verborgen ruhen, sind auch im Menschen. Wenn Gleiches zum Gleichen kommt und mit Verstand gebraucht wird, so wird der Natur geholfen.” Ist ein Organ aus Sympathie mit den herrschenden Planetenkräften erkrankt (siehe auch Ens Astrale), oder sind die Planeten im Körper aus ihrer Bahn geraten, ist das zugeordnete Metall das entsprechende Heilmittel. Die Beispiele in Tabelle 2 zeigen deutlich, daß dieses Wissen noch heute Gültigkeit hat.

Die Elemente und ihre Entsprechungen
Neben den Planeten spielen die Elemente beim Ens Naturale eine wichtige Rolle. Das unsichtbare Feuer findet sich als Lebensfunken und Wärme im ganzen Körper; das Hauptorgan ist das Herz, das Organ der Selbsterkenntnis. Die regenerierende Kraft des Wassers findet sich in allen Geweben und Körperflüssigkeiten; das Hauptorgan ist die Leber. Die Luft ist die Grundlage für den Stoffwechsel und für alle Feedbacksysteme (z.B. Hormonsystem), ihr Hauptorgan ist die Niere. Die Erde ist das Feste des Körpers und bildet somit die physische Grundlage; ihr Hauptorgan ist die Lunge. Für die Therapie ergibt sich beispielsweise, daß viele Mittel mit Herzwirkung die Lebenswärme erhalten und das Selbst stärken, Lebermittel meist den Gesamtorganismus regenerieren, Nierenmittel oft auf Feedbacksysteme günstig wirken und Lungenmittel häufig die Lebenskraft erhöhen. Die Elemente stehen in Analogie zu den Temperamenten und Körpersäften, die Paracelsus ebenfalls dem Ens Naturale zuordnet. Der Choleriker (Feuer) entsteht aus zuviel Bitterkeit, der Melancholiker (Erde) ist saurer Natur, das Süße führt zur phlegmatischen Natur (Wasser) und der Sanguiniker (Luft) entsteht aus zuviel Salz. Die Heilmittel entsprechen in ihrer Natur weitgehend dem pathologischen Zustand, z.B. Bitterstoffdrogen wie der feurige Wermut, als Mittel für Choleriker. Die Säfte zeigen sich dem Auge als färbende Krankheiten, d.h. sie äußern sich in Verfärbungen der Körpersäfte und in Hautverfärbungen. Gemäß der Signaturlehre entsprechen die Heilmittel in ihrer Farbigkeit möglichst dem Zustand des Kranken, z.B. Schöllkraut oder Gelbwurz bei Leber-Galleleiden. Man sieht, dass das homöopathische Prinzip auch Paracelsus bekannt war.

Das Ens Spirituale

Bei den Ausführungen zum Ens Spirituale geht es vor allem um geistige Erkrankungen, also um Psychologie und deren Mutter, die Magie. Unter den Krankheiten des Geistes versteht Paracelsus aber nicht das Blendwerk von Dämonen. “Achtet bei diesem Ens Spirituale darauf, dass darunter kein Teufel, noch sein Werk oder seine Sippschaft begriffen wird, denn (…) ein Geist ist, was unseren Gedanken ohne Materie im lebendigen Leibe entspringt.”

Krankheiten des Geistes
Diese können auf verschiedene Weise entstehen. Eine Wurzel des Übels ist die leidenschaftliche Natur des Menschen, sein Anhaften an Sympathie und Antipathie, die zum Verlust der Unterscheidungskraft führt, die wiederum den Verlust des Selbst und Krankheit bedeutet. Eine negative Sicht der Dinge und der eigenen Persönlichkeit führt unweigerlich dazu, dass sich die Vision verwirklicht – umgekehrt gilt dies natürlich auch für eine positive Lebenseinstellung. Eine andere Möglichkeit am Ens Spirituale zu erkranken, ist der Kampf der Leidenschaften in zwischenmenschlichen Beziehungen, der immer mit dem Sieg des stärkeren Willens endet. Der Unterlegene wird krank. Die Homöopathie kennt dazu das Stichwort: “Böse Folgen von Wut, Ärger oder Beleidigung” – ein mögliches Heilmittel wären höhere Potenzen von Staphisagria. Neben der Anwendung psychisch wirkender Mittel wie Johanniskraut oder geeigneter Homöopathika, ist in solchen Fällen auch eine Psychotherapie angebracht. “Achtet darauf, damit ihr nicht den Leib mit Arzneien behandelt, denn das ist vergeblich. Behandelt aber den Geist, dann wird der Leib gesund. Dafür braucht man eine sprituale Arznei.”

Magie als Krankheitsursache und “sprituale Arznei”
Die Übertragung des Willens kann auch auf magische Weise geschehen, z.B. durch die Nigromantie (Schwarze Magie), von deren Wirkung Paracelsus überzeugt war. “Vor allem ist für euch gut, zu wissen, dass, sobald die Bilder, die nachdem, wider den anderen feindlichen Willen des Geistes aus Wachs gemacht, hernach vergraben und mit Steinen beschwert werden, derselbe Mensch, dem das galt, eine schwere Bürde zu tragen hat, und zwar an den Stellen, wo die Steine liegen. Wenn das Bild zugrunde gegangen ist, hat auch sein Leben ein Ende. Wenn einer eine Figur macht gleich einem Menschen und diese an eine Wand malt, so wisset, daß alle Stiche und Streiche, die das Bild treffen, auf den fallen, für den sie bestimmt sind.”

In unserer Zeit wird dies meistens als Hokuspokus abgetan oder als eine Form der Suggestion angesehen. Aber mangelnde Überzeugung heißt noch lange nicht, dass Magie nicht funktioniert. Schon die Höhlenmalereien der Steinzeitmenschen waren kein ästhetischer Zeitvertreib, sondern eine Beschwörung des Tiergeistes, um z.B. bei der Jagd Macht über das Tier zu haben. Bildmagie, Nagelfetische oder das Nestelknüpfen (Puppen aus Baumbast) sind nichts anderes. Diese Methoden dienen aber nicht nur zum Schaden, sondern auch zur Heilung, denn eine alte Regel besagt: Magie kann man nur mit Magie beantworten. Ein Beispiel ist der Gebrauch von Nagelfetischen im Voodoozauber. Dabei werden einer Holzfigur Nägel eingeschlagen, an Stellen, die beim Erkrankten schmerzhaft sind. Irgendwie erinnert so eine Figur an eine mit Nadeln gespickte Akupunkturpuppe. Auf diese Weise soll der böse Zauber gebannt werden und in die Nägel übergehen. In der Regel ist der Patient nach einer solchen Therapie, die immer mit komplexen Ritualen verknüpft ist, geheilt. Selbstverständlich hat auch Paracelsus die Magie zum Heilen genutzt. Besonders in seinem Buch “Archidoxis Magica” beschreibt er die Herstellung von Amuletten zu heil- und schutzmagischen Zwecken, aber auch an anderen Stellen seiner Bücher zeigt sich Paracelsus als Kenner der Materie.

Neben Amuletten und Bannritualen ist bei Krankheiten des Ens Spirituale die Anwendung von Verschrei- und Berufskräutern anzuraten, meistens sind sie beides in einem. Verschreikräuter helfen gegen das Beschreien (= Verfluchen), während Berufskräuter vor dem Einfluss nichtmenschlicher Wesen schützen. Beispiele solcher Kräuter sind: Alraune, Baldrian, Engelwurz, Johanniskraut, Mistel oder der Aufrechte Ziest; einige sind heute noch als Psychotherapeutika gebräuchlich, nur mit dem Unterschied, daß der Dämon der Melancholie neuerdings Depression heißt.

Während die Übertragung eines Schadens- oder Heilzaubers immer auf ein Medium, z.B. einer Puppe oder einem Amulett, angewiesen ist, gibt es laut Paracelsus auch Menschen, die andere durch bloße Willenskraft beeinflussen können. Dies geschieht durch das Unbewusste, das Paracelsus mit dem Schlaf vergleicht. “Wenn sie schlafen, so wird ihr Traum an dem anderen verwirklicht und erfüllt. Denn es gibt keinen Traum, der im Geiste entspringt, der sich nicht verwirklicht.” Auch für den Heiler kann das Unbewusste einen Zugang zum Erkrankten bieten, man denke nur an den Trancezustand während einer Hypnose. Schamanen nutzen ähnliche Methoden ebenfalls seit Jahrtausenden, wenn sie hypnotische Rauschtränke anwenden, um das verschlungene Labyrinth der Seele zu erforschen ; natürlich kannte Paracelsus ähnliche Rezepte.

Das Ens Dei

Nach antiker Vorstellung gibt es “vier göttliche Wurzeln der Existenz”. Empedokles von Agrigent (490 bis 420 v. Chr.) nannte sie Feuer, Wasser, Luft und Erde. Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.) fügte diesem System noch ein fünftes Element hinzu, die Quintessenz, auch Äther genannt. Alles Existierende wird seit der Antike diesen Elementarkräften zugeordnet, somit auch die Entien: Die Luft finden wir im Ens Astrale, die Erde im Ens Veneni, das Feuer im Ens Naturale und das Wasser im Ens Spirituale. Die Quintessenz, das fünfte Element, ist das Geheimnisvollste unter den Schöpfungskräften. Es ist das ursprüngliche Element, die ungeteilte Ursache. Die Quintessenz übertrifft an raumzeitlicher Ausdehnung die vier anderen Elemente und sie ist in deren Ausdrucksformen unsichtbar enthalten. Sie ist die Ursache für die verborgenen Kräfte der Natur. Dieses Fünfte ist das Ens Dei des Paracelsus über das Wirken Gottes hinter allen Erscheinungen.
Als gläubiger Christ sah Paracelsus die letztendliche Wurzel aller Leiden und aller Heilkunst in Gott selbst. Aber auch wer anderen Glaubensvorstellungen folgt, findet in diesem Ens eine Antwort auf die Frage nach dem höheren Sinn von Krankheit, denn zu allen Zeiten und in allen Kulturen, waren und sind die Menschen dem Ratschluß der Götter unterworfen.

Krankheit als Fegefeuer
“Gesundheit und Krankheit kommen bekanntlich von Gott und nicht vom Menschen. Die Krankheiten der Menschen teilt man ein in die natürlichen und in die Gottesgeißeln. Jene umfassen das erste bis vierte Ens, diese das fünfte. Gott hat die Krankheiten als Strafen und als deutliche Beweise dafür über uns verhängt, daß unser Wissen auf allen Gebieten nur ein oberflächliches ist und nicht bis zur Wahrheit reicht.” Damit spricht Paracelsus eine der wichtigsten Tugenden des Menschen und besonders des Heilers an, die Demut, denn jede Heilkunst kann nur gelingen, wenn die Heilung im Schöpfungsplan vorgesehen ist. “Gott schickt Gesundheit und Krankheit und auch die Arznei für unsere Krankheiten.” Ebenso bestimmt er den rechten Zeitpunkt des Heilens. “Alle Krankheiten sind bestimmt, zu ihrer Zeit geheilt zu werden, und nicht, wann wir es wünschen.” Diesen Zeitpunkt kennt nur Gott allein. Nach den Vorstellungen des Paracelsus ist jede Krankheit ein läuterndes Fegefeuer, das alle Unreinheit im Menschen verbrennt. “Daher kann kein Arzt heilen, wenn nicht nach Gottes Ratschluss das betreffende Fegefeuer beendet sein soll. Denn der Arzt soll und kann nicht gegen die göttliche Bestimmung des Fegefeuers wirken.” Deswegen ist Krankheit mit Leid verbunden. Im Leiden soll der Mensch sich selber überwinden. Deshalb kann auch nur derjenige geheilt werden, der den Willen dazu hat. Das Leid aber als Reinigung und Möglichkeit zur Erkenntnis zu aktzeptieren, fällt den meisten Menschen schwer, man spricht heute von mangelnder Krankheitseinsicht und Krankheitsgewinn. Neben der eigenen Unvollkommenheit sind diese zwei Faktoren die größten Gegner jedes Heilers.

Krankheit und Karma
Solange der Mensch nur an seiner Unvollkommenheit erkrankt, kann er geheilt werden, sofern es sein Wille ist. Nun gibt es aber auch Krankheiten, die jedem Heilmittel widerstehen, nicht weil die Mittel falsch gewählt oder ohne Macht wären, sondern weil Gott selber die Heilung nicht will. Über das Unheilbare schreibt Paracelsus: “Die Menchen straft er nicht um ihrer Sünden willen, sondern um sie auszuzeichnen. Diesen kann kein Arzt helfen. Denn Gott will, dass sie seine Zeichen tragen.” Nicht selten ist auch der Heiler von Gott gezeichnet, man könnte dies auch als karmische Stigmatisierung bezeichnen; besonders die Epilepsie und andere “Krankheiten” die das “Zweite Gesicht” bewirken, kann man hierzu zählen.

Um ein wahrer Heiler zu sein, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder geht man selber durch das läuternde Fegefeuer oder man wird initiiert, wobei eine Initiation meistens mit Nahtoderlebnissen verknüpft ist, in denen ein Kontakt zu den göttlichen Kräften erfolgt. Auf jeden Fall entscheidet nicht der Notendurchschnitt über heilerische Fähigkeiten und auch keine bestandene Amtsarztprüfung, sondern einzig und allein der Wille Gottes.

Krankheit als Rätsel
Die Ursachen der Krankheiten des Ens Dei sind in jedem Fall unergründlich. Egal mit welcher Krankheit wir konfrontiert sind, immer kann sie ihren Ursprung im Ens Dei haben, an der man sich dann als Therapeut die Zähne ausbeißt. “Denn er (Gott) mengt seine strafende Kraft so geheim unter die vier Entien, dass niemand darauf kommt, dass man es hier nicht mit einem der vier Entien zu tun habe. Daraus erklärt sich, dass manche Krankheiten, die anscheinend auf eines der vier Entien zurückgehen, durchaus nicht zu heilen sind.” Dies ist die ewige Unsicherheit des Heilers, seine Unvollkommenheit vor Gott.

Literatur:

  • Aschner Bernhard: “Befreiung der Medizin vom Dogma”, Heidelberg 1962
    “Technik der Konstitutionstherapie”, Heidelberg 1961
  • Braun Lucien: “Paracelsus, eine Bildbiographie”, Zürich 1988
  • Golowin Sergius: “Paracelsus”, München 1993
  • Jütte Robert (Hrsg): “Paracelsus heute – im Lichte der Natur”, Heidelberg 1994
  • Madejsky Margret / Rippe Olaf: “Heilmittel der Sonne”, München 1997
  • Nettesheim Agrippa von: ” De occulta Philosophia”, Nachdruck Nördlingen 1987
  • Paracelsus: “Sämtliche Werke” Nachdruck, Anger 1993
  • Rippe Olaf u.a.: “Paracelsusmedizin”, Aarau 2001
  • Selawry Alla: “Metallfunktionstypen in Psychologie u. Medizin”, Heidelberg 1985
  • Simonis Werner-Christian: ” Erde, Mensch und Krankheit”, Stuttgart 1974
  • Surya: “Paracelsus – richtig gelesen”, Bietigheim 1980
  • Wolfram, Elise: Sie okkulten Ursachen der Krankheiten, Dornach 1991

Zur Beachtung!

Der Leser ist aufgefordert, Dosierungen und Kontraindikationen aller verwendeten Arzneistoffe, Präparate und medizinischen Behandlungsverfahren anhand etwaiger Beipackzettel und Bedienungsanleitungen eigenverantwortlich zu prüfen, um eventuelle Abweichungen festzustellen.

Die in diesem Artikel aufgeführten Rezepte und Behandlungshinweise verstehen sich ausschließlich als Lehrbeispiele und können daher auch weder den Arztbesuch noch eine individuelle Beratung durch einen Heilpraktiker bzw. Arzt ersetzen. Sie sind nicht als Ratschläge zu einer Selbstbehandlung gedacht, sondern wollen lediglich einen Einblick in Therapiemöglichkeiten geben! Die Einnahme der genannten Heilmittel wie auch die Anwendung der Rezepturen oder das Befolgen der Therapieempfehlungen geschieht stets auf eigene Verantwortung. Sollten Sie nicht die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde haben und über eine entsprechende Erfahrung verfügen, ist es empfehlenswert, sich vor jeder Anwendung kompetenten Rat bei einem Arzt oder einer Ärztin, einem Heilpraktiker oder einer Heilpraktikerin einzuholen. Es ist in jedem Fall ratsam, sich vor der Anwendung eines Heilmittels über mögliche Gegenanzeigen oder Nebenwirkungen zu informieren. Auch sollte die nur modellhaft angegebene Dosierung grundsätzlich überprüft und individuell angepasst werden. Bitte beachten Sie ebenso alle Warnhinweise und Anwendungsbeschränkungen der jeweiligen Beipackzettel.

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